»God bless you. I’m so happy to be here. I feel like being in heaven.«

Giora Feidman

Ein Weltstar in der Alten Brotfabrik in Beeck

An einem Nachmittag im Spätsommer steht Cyrus Overbeck am stählernen Schiebetor der Alten Brotfabrik, die sein Urgroßvater anno 1904 erbaute. Äußerlich ist ihm nicht anzusehen, wie aufgeregt er ist. Mit der Floskel »in freudiger Erwartung« wäre nur unzureichend beschrieben, wie er sich in jenem Augenblick fühlt, als Giora Feidman vor dem Gebäude-Ensemble mit der Hausnummer 58 steht. Der kleine Herr mit der Glatze, dem Schnauzbart und der randlosen Brille lächelt seinen Gastgeber an, nimmt dessen Hände und küsst sie: »God bless you. I’m so happy to be here. I feel like being in heaven.« Für Cyrus Overbeck wiederum fühlt sich dieser Moment an »wie die Begegnung mit einem Heiligen«.
Es ist der 4. September 2021, ein Samstag. Das Datum spielt eigentlich keine Rolle, obschon es rückblickend betrachtet ein Höhepunkt dieses Jahres ist. Nicht nur für Duisburg, das wäre zu klein gedacht; sowohl räumlich als auch gesellschaftlich, geschichtlich sowieso. Der König des Klezmer, als der Giora Feidman weltweit verehrt wird, tritt an diesem Abend nicht zum ersten Mal in dieser Stadt auf. Doch dieses Konzert ist etwas ganz Besonderes. Es ist auch die Wertschätzung eines anderen Künstlers, wohl eines Seelenverwandten, der mit anderen Mitteln die Menschen »an seinem Inneren teilhaben lassen möchte«, wie es der Musiker selbst einmal für sich und sein Klarinettenspiel ausdrückte.
Nein, es ist keine Selbstverständlichkeit, dass dieser Weltstar in solch einem intimen Rahmen, wie dem in der Alten Brotfabrik in Beeck, sein Instrument erklingen lässt – vor gerade einmal 99 ZuhörerInnen. Mit seinem Beitrag zur oscargekrönten Filmmusik von »Schindlers Liste« rührte er ein Millionen-Publikum zu Tränen. Aber noch mehr als Botschafter der Versöhnung zwischen Kulturen, Klassen oder Generationen, zwischen Christen und Juden, insbesondere zwischen Deutschen und Juden, hat sich Giora Feidman verdient gemacht.
Drei Wochen bevor er anlässlich seines 85. Geburtstages im März dieses Jahres nachträglich mit einem Konzert im Jüdischen Museum in Berlin geehrt wird, bei dem unter anderem Anne-Sophie Mutter mit ihm auf der Bühne steht, folgt er der Einladung von Cyrus Overbeck – in die Alte Brotfabrik nach Duisburg-Beeck. In das Atelier eines Mannes, der ebenso als ein Wanderer zwischen den Welten zu bezeichnen ist.
 

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